Offenbar als Folge der Corona-Pandemie erreichte der FLEISCHKONSUM in der Schweiz im Jahr 2020 einen Umsatzrekord von über 5 Milliarden Franken. Mittlerweile wird jeder sechste (sic!) Franken bei den Lebensmitteln für FLEISCHPRODUKTE ausgegeben.
Das liegt zu einem guten Teil auch an der Sprache. Wo alles andere zur bloßen BEILAGE erniedrigt wird, dem wird in der Mitte des Tellers das FLEISCH zum zentralen Teil des Fressens. Der Rest darf am Rande vor sich hinvegetieren (sic!), bleibt sogar öfter mal liegen.
Sowieso liegt bei den Ausdrücken der Hase im Pfeffer: Wir essen ja nicht TIERE, sondern FLEISCH. Damit lösen wir das FLEISCHESSEN vom Tier ab und weisen es dem positiv besetzten Bereich der KULINARIK zu.
Wie wichtig dieses Fressen für uns ist, also von der leider herausragenden Stellung des Fleisches, zeugen auch viele Sprachbilder wie WIR LASSEN SIE IN IHREM EIGENEN SAFT SCHMOREN oder jemand stellt fest, dass eine Prüfungskandidatin GEGRILLT wurde. Sind wir uns uneinig, RUPFEN WIR ZUSAMMEN EIN HÜHNCHEN. Und wenn es wirklich drauf ankommt, GEHT ES UM DIE WURST (gut, Freud hätte da noch ein Wörtchen mitzureden).
Wer sich mit FLEISCHBILDERN verständigt, der nutzt und bestärkt zumindest hintergründig die Geltung des Fleisches als Bezugsgrösse. Dazu wäre nicht mal der eigene Fleischksonum nötig (obwohl die meisten Vegetarier da sprachsensibler sind).
Denn wo immer der Fleischbezug der Metapher gedanklich lebendig bleibt, zeugen diese FLEISCHIGEN REDEWENDUNGEN von der 'Normalität' des FLEISCHVERZEHRS und der NUTZTIERHALTUNG. Sie sind sprachliche Speicher einer vergangenen Ernährungskultur, verweisen aber auch auf heute. Denn wer einen Satz sagt wie JETZT GEHT ES UM DIE WURST, gibt indirekt zu verstehen: Würste haben einen hohen Wert.
Die Wirkung von Metaphern ist nicht zu unterschätzen. Bei jedem Gebrauch einer Fleisch-Metapher eröffnet sich in unserem Denken ein sogenanntes Frame, ein Deutungsrahmen, der auf eine 'normale' gesellschaftliche Praxis verweist. Diese umfasst eingespielte Gewohnheiten, Traditionen, Gesetze und Rezeptbücher.
So sollten wir auch merken, wie pervers es ist, von einer FLEISCHPRODUKTION zu sprechen, was Tiere auf einen Zweck oder Nutzen reduziert. Der Produktionsausdruck anerkennt das Leben der Tiere nicht wirklich an, sondern deutet es in einen industriellen Herstellungsprozess um, bei dem die Tiere implizit zur Ware werden.
So wird denn der 'Besuch' an einer solchen PRODUKTIONSSTÄTTE ein Horrortrip im sprachlichen Gruselkabinett: Da wirft der Bauer dann mit einem Vokabular um sich, das aufzeigt, wo FLEISCHFRESSER und FLEISCHDENKER stehen: Wer es bei WURFGRÖSSEN, ERDRÜCKUNGSVERLUSTEN, FLEISCHLEISTUNG oder BEMUSKELUNG nicht schaudert, degradiert die Tiere definitiv ans Ende der FLEISCHMASCHINERIE.
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