Samstag, 29. September 2012

Juden reißen bei Trauer am Revers das Kleid leicht ein. In der Romanwelt kondoliert ein Freund der Romanfigur des armen Schriftstellers. Der aber antwortet: »Nicht doch, ich habe bloß kein Geld.« Woher fliegen mich solche Stellen an?
Verschiedene Schriften desselben Schriftstellers oder gar aller Schriftsteller: die fortwährende Interpolation des Ewig-Gleichen. Was ist der Ur-Text?
Anekdot.en.
Anverbandelt.

Freitag, 28. September 2012

Citroën Picasso: Mann, die können mich mal, wenn ein Auto je ›Riedo‹ heißen sollte: Ich werde einen Sandsturm in der Urne verursachen!
Krieg Dich wieder ein, wir haben genug vom Frieden …
Er würde seine Seele für einen Fünfliber dem Teufel verschreiben – und dabei wäre erst noch der Teufel der Geprellte.

Donnerstag, 27. September 2012

Einfälle sind gut als Einfälle. Auch das Formulieren bereitet noch Wohlgenuss. Aber schon das Aufschreiben ist oft lästig: Was schreib ich denn für andere?! (Und das auf einem öffentlichen Blog!)
Der feste Busen der Wahrheit! – Ja, den möchtet ihr anfassen, nicht wahr?

Mittwoch, 26. September 2012

Ah, wenn ich grad so mächtige Dinge angehe: Ich sollte wohl auch bald mal das Gespräch aufschreiben zwischen mir und dem ungezeugten Sohn meiner ungezeugten Tochter.
Zur Zahlenmystik: Friedrich Rückert lebte von 1788 bis 1866 (88 und 66!). Aber er wurde nicht etwa 78 Jahre alt, sondern ausgerechnet 77 Jahre. 77 Jahre! Was meint das nun? … Oder was man an allen Tagen so macht …
Was ich auch mal schreiben sollte: Eine Ode an den Fön. Der mich so zärtlich streichelt mit seiner Warmluft. Und nur ab und zu ein Fangbein stellt mit seinem schwarzen Kabel. Mein kleiner Gebärmutterersatz der Wohnung. Der mich sanft wärmt auf Stufe 1. Und heißmacht auf Stufe 2.
Was ich (auch) sein möchte? Klappenkommentarverfasser für berühmte Bücher. Oder gleich Zitaten-Erfinder für noch nicht geschriebene Bücher.
Geh: Dichte!

Montag, 24. September 2012

Nietzsche mochte Schopenhauer nicht abnehmen, dass er ein wahrer Pessimist gewesen sei, da er auch Flöte gespielt habe … – Aber auch mein Herz heißt ›Dennoch‹. Noch.
Eigentlich leben wir ja alle vom täglichen Brot und von Spielen. Die Frage ist daher: Wie gelangen wir an das Brot und welche Spiele spielen wir?

Freitag, 21. September 2012

Ah, Kleinkinder und Vögel mit Tourette-Syndrom …
Hören Park, denken Platz.
Die Vegis: Kein Fleisch mehr!
Die Karnivoren: Diese Forderung ist hirnverbrannt!
Ich: Genau.

Mittwoch, 19. September 2012

Während aber eine Symphonie polyphon erklingen kann (und dazu ein Orchester braucht) und ein Bild wohl poly›phon‹ gemalt sein mag, einfach zum Beispiel dadurch, dass es aus dem Rahmen fällt, aus der Zweidimensionalität (und also auch ›Material‹ braucht), kann das die Sprache nicht derart einfach. So muss man wohl spätestens seit dem 19. Jahrhundert von zwei sehr verschiedenen Arten von Erzählen ausgehen: Dem, welches das Poly-Whatever abzubilden versucht (und dazu Papier braucht oder zumindest eine Schreiboberfläche wie auch immer, aber wo Lese-Laut und Lese-Schriftbild ›auseinanderklaffen‹ können) – und dem, das nach wie vor Sprache versteht als ›Erzählen‹, ohne dass es dazu Papier braucht. Ich sage nicht, dass das zweite veraltet wäre. Im Gegenteil: Wer es hier fertigbringt, doch etwas vom Ur-Gefühl abzutönen, dem gelingt wahrlich große Literatur.
Wenn Freud die Urszene sucht, so suchen Schriftsteller (Sie wissen, wen ich meine) nach der perfekten Abbildung des Ur-Bildes (es könnte auch der Ton sein – genau hierin liegt unter anderem das Problem) der eigenen Kreativität. Das, was alles losgetreten hat. Also jenes Poly-Whatever, dem eigentlich nur durch vielstimmiges Sprechen beizukommen ist.
Nicht immer ist der Inhalt eines Textes der Entwurf einer Gegenwelt. Bei guten Texten kann das zudem oder gar ausschließlich das Erzählen selbst sein. Was ich damit meine? Ja, spricht denn der Esel davon, warum er so muht, wie er muht. Der Witz mit den großen Ohren und Geschlechtsteilen kommt ja von außen …
Er oder sie: Herr Rüdo, wie verbinden Sie Ihren Aufklärungshabitus damit, dass Sie die große Resignation anzuknabbern scheint?
Meine Deinheit: Die ganzgroße Resignation wohl noch nicht. Aber bitte: Aufklärung wird eben häufig falsch verstanden. Für mich ist sie das, was man aus der Geschichte herauslesen muss – und dann die einzige Möglichkeit der Kleinen, über die halt leider Mächtigen zu lachen. Die Moral von der G’schicht ist eigentlich immer, dass der Welt nicht zu helfen ist. Diese Einsicht aber und ihre Rückformulierung in Texte ist doch eine Art Hilfe. Deshalb sind Aufklärer oft sowohl Melancholiker als auch Satiriker. Warum sie aber vielfach noch wider besseres Wissen zu handeln versuchen, wo eigentlich nur zu texten wäre, nun … auch wir sind alle Teil des Ganzen, nicht?
England, Frankreich, Deutschland und selbst Russland (St. Petersburg als Neugründung!) haben sich meist über ihre Städte definiert; die Schweiz über ihre Berge. Darum tun wir uns heute noch oft schwer, uns als Städter zu fühlen, wo doch das ganze Mittelland eigentlich eine große Stadt ist.
Laufen in Cornwall so fettleibig rum als lebten sie noch in der Steinzeit – und kleiden sich auch so.
»Ich bin doch auch nur ein Mensch!« So entschuldigen sich die vielen bei manchem, das sie machen im Bewusstsein, anderen – nicht zuletzt Tieren und der Umwelt – zu schaden. Aber geht es dann darum, ihr anscheinend bescheidenes Leben zu verlängern, sind sie plötzlich nicht mehr ›nur ein Mensch‹ …
»Aufgeben ist keine Option!« – Richtig: Oft ist es die einzige Möglichkeit.
Prostitution sei nicht wie Organhandel? Aber verkaufen nicht auch die Dirnen ihren ›Körper‹? Und tut man nicht beides eigentlich gegen seinen Willen, hätte man genug zum Leben? Und müsste also die (gewerbliche) Prostitution unter Umständen nicht auch verboten werden? (Oder zumindest genossenschaftlich organisiert?)

Dienstag, 18. September 2012

Ein Abschied mit Retardationen: Nehme ich nicht wie ein Sterbender (der ich ja bin) langsam Abschied von allen Sinnfragen, keinen Sinn mehr sehend im Leben, im Lesen, im Schlafen gar? Bin ich nicht mehr und mehr nicht nur für den Anthropofugismus, sondern immer mehr auch für den Biofugismus, den Geofugismus?
Aaahhh, all diese Meinungsschnappis!

Montag, 17. September 2012

Der Trost des modernen Künstlers: Kann sich seine schöpferische Kraft in dieser speziellen Zeit nicht verwirklichen, weil erst der Zusammenklang von privater Phantasie und Zeitgeist ein Genie macht, das vorher und nachher nicht mehr möglich ist?
Was ich will (so unter anderem): Spiel und Erkenntnis. Erkenntnis durch Spiel? Spiel mit Erkenntnis?
Nur um das mal klarzustellen: Ich bin keine Diagnose; ich bin Symptom.
Überhaupt: die Neutralität. Die wurde Helvetien von den europäischen Großmächten einst aufdiktiert. Und jetzt gilt sie plötzlich als ›urschweizerisch‹. So spricht sich der Kranke Mut zu, sein Leiden habe er doch schon immer ganz sanft gehabt oder zumindest mache es ihm nichts aus. (Woraus man keine falschen Schlüsse ziehe: Ich bin gegen eine Armee.)
Warum hatte man im Zweiten Weltkrieg eigentlich das Gefühl, das ›Alpenmassiv‹ sei ›uneinnehmbar‹? Seit Jahrhunderten liefen doch die Franzosen, Russen, Österreicher und wer weiß wer alles noch nach Belieben drin ‘rum und bekämpften sich da. Aber so funktionieren Mythen. Oder die Dummheit, die nie auch nur ein paar Jahrhunderte zurückblickt.
Recht-haben-Wollen in der Frage nach dem Afterleben: Eigentlich könnten Gläubige doch einfach sagen: »Jaja, wir sehen es ja dann …«. Gerade sie aber kämpfen verbissen darum, ihre Version durchzusetzen.

Sonntag, 16. September 2012

Wenn ich das Wort ›Blocher‹ höre, zücke ich meinen Mob-Wisch.
Bin ich zu fest Hirnler?
Das Kampflied gegen die Apartheid-Ideologie in Südafrika war um 1980 Pink Floyds »Another Brick in the Wall, Part 2«; in Ost-Berlin sang man 1989 »Looking for Freedom« von David Hasselhoff: Sagt das nun etwas über die Deutschen aus? (Und wäre Peter Bichsel rassistisch, wenn er so etwas fragen würde?)

Samstag, 15. September 2012

Wenn ich das Wort ›Blocher‹ höre, zücke ich meinen Wischmopp.
Die Neidgenossen.
Scheint mein Schatten nicht besoffen?
Ist eine gute Arbeit nur eine solche, die weiter vorstößt als die wissenschaftlichen Annahmen, auf die sie sich stützt?

Freitag, 14. September 2012

Das Bébé: Wäh-bäh-wäh!
Der Rideaux: Ach hör doch auf, das hab‘ ich schon vor 38 Jahren gesagt, genau das. Immer diese Epigonen.
Das Bébé: Wäh-bäh-wäh!
Der Rideaux: Willst Du eine Urheberrechtsklage am Hals?!
Das Bébé: Wäh-bäh-wäh!
Der Rideaux: Scheiße, mutig ist es auch noch!
Motz-ART: die neue Straße der Kulturschaffenden.

Donnerstag, 13. September 2012

Kommunikation und Literatur: Alles direkt Mitteilbare ist doch eigentlich zweitrangig, und erst was sich unter all dem Mitteilbaren noch mitteilt, entscheidet, ob es mitteilenswert war bzw. bleibt oder nicht.
Brummbeeren.
Nichts ist für Rembrandt bezeichnender als das trotzige Selbstvertrauen und die stetige Energie, mit der er sich bemüht hat, seinem eigenen Wesen zum Durchbruch zu verhelfen. Eben – und immer wieder: Wie man wird, was man ist. Es ist ein K(r)ampf.
Ob alle Kön’ge pflögen Rat / Mit Weisen rings im Kranze, / Sie setzten nicht ein einzig Blatt / An eine Nesselpflanze! – Doch, heute schon. (Weit vorausgesehen haben die ›Gottesleutchen‹ nicht …)
Oft bin ich wie in stockfinsterer Nacht: Alles ist dunkel und man ist allein, die übrige Welt ist nicht. Dann aber eröffnet mir ein Buch wie ein Blitz in der Nacht eine Welt voll Riesentannen, die mit ihren schwarzen Armen am flammenden Himmel hangen – und danach ist man in noch dickerer Dunkelheit als zuvor – und man horcht nur noch atemlos, ob nicht das platzende Krachen endlich einsetzt.