Literatur, wahre Kultur überhaupt: Ein Stück von jenem Glück, das nach Freuds Satz im Plan der Schöpfung gar nicht enthalten wäre.
Freitag, 30. April 2021
Je ne respire plus que pour toi .. un baiser, mon belle Anne! Wer würde denken, dass diese schönen Ausdrücke von einem Pamphlet kommen? – Ich schon. Aber R. L. hätte keinen blassen Schimmer, auch wenn es nur das .. braucht, um .. Aber selbst das begreift er nicht, dieser inkompetente .. Warum wird solchen Menschen nicht der aktive Zugang zum Internet (sprich: dass sie etwas hochladen können ..) versperrt ..?
Donnerstag, 29. April 2021
Mittwoch, 28. April 2021
Montag, 26. April 2021
Das Leben, wie es uns auferlegt ist, ist schwer zu ertragen; die Absicht, dass der Mensch glücklich sei, ist im Plan der Schöpfung nicht enthalten, sagt Sigmund Freud. Einzig die Kulturschaffenden (einmal mehr: die Wahren – ›diese Wenigen‹, werden sie in ›Das Unbehagen in der Kultur‹ [1930] genannt), jene, die wirklich eine Sublimierung der Triebe schaffen und beherrschen, diese singuläre Technik zur Leidabwehr durch Libidoverschiebungen, könn(t)en sich so etwas wie dauerhaftes Glück, oder eher: dauerndes Fernhalten von Unglück erarbeiten. (Mit dabei: Liebe als Wärme vermittelnder Zentralofen des Universums – vielleicht deshalb hat Rudolf Steiner geglaubt, beim formenden Prozess des Denkens werde Wärme erzeugt) – Sollte dies aber nicht eindeutig heißen, dass nur sie in der Evolution der Primaten wirklich Sinn ergeben, dass also bloß sie das sind, wozu die Art Mensch den Tierartigen entsprungen ist, die kein Bewusstsein in unserem Sinne haben? Und müsste das nicht meinen, dass wir diese Art (die – noch nicht anerkannt – bestenfalls zehn Prozent der ›Menschen‹ ausmachen) eben doch mit allen Mitteln fördern sollten, damit die Sackgasse der Evolution, die wir Menschen allgemein auf den ersten (ja!) Blick zu sein scheinen, überwunden werden könnte durch eine Entwicklung, welche all das angehäufte Leid der Jahrtausende wenigstens annähernd gutmachen dürfte? All das ohne Aggression, auf dass keine Schuldgefühle aufkämen und ohne Religion, sowieso eine Conditio sine qua non. – Müsste es das nicht?
Sonntag, 25. April 2021
Der Tod des Autors. Ich war damals, als das Wort ein geflügeltes wurde, mit der engen Auslegung nicht einverstanden. Natürlich können Texte auch ohne identifizierbaren Verfasser bestehen. Das können an sich sogar Liebesbriefe – falls sie gut geschrieben sind. Aber mit der Annahme, dass das Leben und die Absichten eines Autors beim Schreiben eines Werkes keine Rolle spielen, bin ich nicht einverstanden. So kann ein Satz von Joyce im Kontext seines Gesamtwerks und unter Berücksichtigung seiner Vita etwas ganz anderes heißen als wenn man dengleichen Satz im genau gleich geschriebenen Buch, innerhalb eines genau gleich verfassten Werks eines Affen vor einer Schreibmaschine, dem zufällig alle Bücher wie von Joyce glücken, in derselben Reihenfolge, von CHAMBER MUSIC bis zu FINNEGANS WAKE, vorfindet. Und es kann zwar schon sein, dass gewisse Autoren nicht verstehen, was sie eigentlich schreiben – drum gelingt mittelintelligenten Schriftstellern auch immer mal wieder ein gutes Buch; aber das ist, betrachtet man die Klassiker, also jene Werke der Literatur, die zu Recht überlebt haben, wirklich die kleinere Menge (obwohl viele der besten Werke immerhin eine Mischung von Plan und unbewusstem Drängen ist; aber da kommt genau wieder die Bedeutung ihrer Vita ins Spiel). Das Phänomen hat nichts damit zu tun, dass praktisch jeder Text auf eine Vielzahl anderer Texte verweist, die wieder auf andere Texte verweisen etc.; das kann unbewusst geschehen wie auch bewusst geplant werden – Umberto Eco hat zu Letzterem ein gutes Beispiel geliefert.
Wie gesagt, ich hatte damals keine Freude an dieser Auffassung.
Jetzt aber schlägt das Pendel voll in die andere Richtung. Es scheint als wären die Medien-Menschen und Alltagskonsumenten nicht fähig, einmal etwas ausgewogen zu betrachten, in Ruhe und mit Bedacht. Denn heute ist es wirklich umgekehrt: Der literarische Text ist nur noch ein Abglanz des Autors, der immer gegenwärtiger wird, sei es als Inbild reinster Schönheit oder sprachloser (sic!) Jugend, die sich auf zahllosen Verlagsprospekten mitteilt, ohne dass man ihr Büchel noch zu lesen braucht. Die Mitteilung wird immer gezielter genutzt: Dass da ein Verfasser sei, der oder die durch sein oder ihr bloßes Dasein besteche, noch bevor er oder sie eine einzige Zeile geschrieben habe. Und wenn der Autor nicht betörend ist, dann zumindest interessant, wenn schon nicht das Gsichtl, dann zumindest die Vita. Mitten im Krieg geboren oder Giraffenjäger auf Gibraltar (auch wenn es das gar nicht gibt), mitten aus der Ausbildung geflüchteter koptischer Priesterzögling oder ein Napoleon-Bewunderer, der sich entsprechend kleidet etc. usw. Der Lebenslauf wird zum Roman, der Autor zum Kunstwerk. Oscar Wilde wäre stolz (obwohl er auch etwas konnte). Heute also ist nicht der Autor mehr tot, sondern der literarische Text. Es gibt zwar noch Restposten, literarische Postskripta, Schatten ihrer Vorgänger (sic!), kleine Schatten über allem. Aber ihre Verfasser gehen meist unbeachtet dahin, während die menschlichen Artefakte im Rampenlicht stehen, im Frühstücksfernsehen auftreten und auch ganz gut kosmetische Produkte Gunther von Hagens sein könnten, tote Menschlein mit bedeutendem Lebenslauf. Der Text nurmehr ein notwendiges Übel des Autors und der Autorverehrung. Wozu braucht man ihn eigentlich noch?!
Samstag, 24. April 2021
Freitag, 23. April 2021
Es ist schon erstaunlich: In diesen wenigen Sätzen von Sigmund Freud steckt mehr als in ganzen Büchern von etwa X. Z.: »Die Frage nach dem Zweck des menschlichen Lebens ist ungezählte Male gestellt worden; sie hat noch nie eine befriedigende Antwort gefunden, läßt eine solche vielleicht überhaupt nicht zu. [...] Es scheint vielmehr, daß man ein Recht dazu hat, die Frage abzulehnen. Ihre Voraussetzung scheint jene menschliche Überhebung, von der wir soviel andere Äußerungen bereits kennen. Von einem Zweck des Lebens der Tiere wird nicht gesprochen, wenn deren Bestimmung nicht etwa darin besteht, dem Menschen zu dienen. Allein auch das ist nicht haltbar, denn [...] ungezählte Tierarten haben sich [...] dieser Verwendung entzogen, indem sie lebten und ausstarben, ehe der Mensch sie gesehen hatte.« Freud erledigt wie nebenher die Bibel, die doch die Tiere dem Menschen Untertan macht – und damit auch die Bibel, ja, zumindest den ganzen christlichen Glauben. Und mit der Erwähnung der Überheblichkeit eigentlich sämtliche Religionen ...
Donnerstag, 22. April 2021
[1] Außer er heißt zum Beispiel [Y] [X].
Mittwoch, 21. April 2021
Mit Freude und Dankbarkeit darf ich sagen, dass ich den Preis der Sigrid-Undset-Gruppe Schweiz zugesprochen bekommen habe https://sigrid-undset-gruppe-schweiz.blogspot.com/.../pre... Ich freue mich darüber und freue mich auch auf den 20. Mai, wenn der Preis übergeben werden soll!
Dienstag, 20. April 2021
Montag, 19. April 2021
TRÄNENREICH
Ein Leben im Leid
Seine Augen waren immer
Voller Tränen
Nur beim Tod
Seiner Mutter
Da wusste er nicht
Wo die Tränen geblieben
Waren
So ausgetrocknet fühlte es
Sich an
Später dann weinte er
Wieder und
Wieder
Bis da nichts mehr kam
Ausgetrocknet
Er wusste nicht mal mehr
Wo die Tränen geblieben waren
Die er geweint hatte
Er hoffte nur
Dass unter den Tränen
Die jetzt geweint
Werden oder in hundert
Jahren
Dass da einige
Davon mit dabei sind
Die er schon geweint
Hatte
Tränen zum Meer
Vom Meer
In den Mund
Vom Bauch
In die Augen
Seine Tränen zu
Tränen in 100 Jahren
Wir sind nicht
Ewig
Aber die
Tränen
Sind die
Gleichen
Und auch die
Schmerzen
Sind die gleichen
Geblieben
Nur die Namen ändern
Elvira
Theodora
Lasst uns sein
In Frieden
Samstag, 17. April 2021
Ich weiß nicht
Ob ich nicht glaube
Ich glaube nur
Ich wisse
Dass ich nicht glaube
Aber kann ich wissen
Wirklich wissen
Dass ich glaube
Nicht zu glauben?
Oder muss ich glauben
Zu wissen
Ich glaube nicht?
Ich weiß auf jeden Fall
Dass ich glauben darf
Zu glauben
Ich wisse
Was ich nur glauben kann
Oder was glauben Sie
Was hier falsch ist?
Wer es weiß
Darf mir
Glaube ich
Schreiben
Was er/sie glaubtFreitag, 16. April 2021
VOR LIEBE BLIND
Klar: Beat Sterchi hat 1983 mit «Blösch» ein gutes Buch veröffentlicht. Wenn nun aber Alexander Sury (im Berner BUND) sein neustes Werk «Capricho. Ein Sommer in meinem Garten» bespricht, so entgeht ihm, dass sich der Autor eigentlich – unbewusst? – in einen Blubo-Literaten verwandelt hat.
Man erkennt das schon, wenn man eine Äußerung des ehemaligen Mentors von Camenisch am Literaturinstitut Biel heranzieht, die Sterchi im Bund gemacht hat: «Arno ist ganz nah bei seinen Menschen, diesen Bergen. Nahe bei seine Blut. Das spürt man sofort.» Schon da sind die wichtigsten Merkmale vorhanden: Das Blut spricht Bände, aber auch dass Camenisch seinen Menschen nahe sei, ist verräterisch: Wer gehört denn da alles dazu und wer nicht, wer entscheidet das? – Und nicht zuletzt machen in dem Umfeld auch die Berge keine gute Figur mehr, die für eine billige Heimat stehen.
Im neuen Buch Sterchis nun aber findet man – sieht man erst mal mit dieser Aussage im Kopf durch den Text – ständig solche Auffälligkeiten (und ich wähle nicht mal selbst aus, sondern nehme Beobachtungen von Alexander Sury aus dessen Rezension vom letzten Samstag). Die wichtigsten davon: Man befindet sich im Buch in einer alten, ehrwürdigen Tätigkeit: «Er weiss, dass bereits vor vielen Jahrhunderten Menschen hier zur Arbeit gegangen sind» – als wäre eine moderne Tätigkeit eher etwas Verrufenes; aber vor allem scheint der Erzähler der Begabteste (oder jener, der als Einziger erkennt, dass etwas getan werden muss, weil alle anderen Gärten sich in verlottertem Zustand befinden) zu sein, alle anderen eher minderwertig: «Neben seinem bewässerbaren ‹huerto› sind viele andere Gärten verwildert.» Es erinnert mich an eine bekannte Stelle eines nicht mal groben Nationalsozialisten, der einmal schrieb, man erkenne genau die Grenze zwischen Deutschland und Polen: In Deutschland sei alles wunderschön gehegt und gepflegt, während in Polen das Zeugs zerfalle und verwildere (und prompt geht auch in «Capricho» der Erzähler gegen das «Unkraut» vor und will «dem überbordenden Wildwuchs mit Sense und Hacke Einhalt» gebieten).
Aber weiter: Der Autor spricht eben wie bei Camenisch vom spanischen Dorf als von «seinem Dorf» (siehe auch den Untertitel) – also ebenfalls eine Aneignung, obwohl er da immer ein Fremder bleiben dürfte, als Schweizer mitten in Spanien, der höchstens im Sommer dort wohnt. Und dort wohnt er also, in «einfachem» Haus, und tut, wie gesagt, was Menschen «bereits vor vielen Jahrhunderten [...] hier» gemacht haben; alles trieft vor Merkmalen der Blubo-Literatur: die bäuerlich-nahe Lebensweise und das Heroisieren derselben. Denn das Buch verherrlicht das Landleben und die Rückkehr zur Natur Seite um Seite. Wenn Sury meint, alles sei «ganz frei von Kitsch und ohne schwärmerische Naturromantik», so widerspricht er sich gleich selbst mit solchen Beschrieben: «Einmal steht der Ich-Erzähler hüfttief in einem Loch und schwitzt. Er will Wurzelstränge freilegen und erlebt plötzlich ‹göttliche Schönheit›» – was soll denn das sein, wenn nicht schwärmerische Naturromantik und ein Heroisieren der Arbeit auf dem Lande?
Stetig romantisiert Sterchi falsch vorgestellte Vergangenheit: «[S]chön langsam, sagte ich mir abermals und dachte wieder an die Alten, die ihr halbes Leben mit dem Hacken ihrer kleinen Äcker verbracht hatten.» Denn niemand konnte je von seinem kleinen Garten oder Acker allein leben. So kommt es bei ihm quasi implizit zu dem, was eine Señora explizit in seinem Buch äußert: Sie «erhebt die Gartenarbeit [...] einmal gar zur Richtschnur für das Erkennen fähiger Politiker». Was ist denn das, wenn nicht die Überhöhung der Feldarbeit zum völkisch wichtigsten Merkmal!
So folgt denn, was folgen muss, das Fazit des Buches, das Sury unbedenklich zitiert: «Von der Scholle (sic!) gibt es kein Entkommen. Ohne ein paar Quadratmeter gesunder Erde (sic! sic!) [...] bist du nichts.»
Es wäre besser, aus Sterchis Buch wäre nichts geworden, als solch ein Machwerk, das wie beste Blubo-Literatur das ‹natürliche› Leben lobt und Bauern beziehungsweise Gartenbauer zum Symbol des reineren Lebens macht, in dem die Dorfgesellschaft als quasinationalsozialistischer Mikrokosmos («alles ist wichtig in diesem kleinen Kosmos») beschrieben wird, in dem die unermüdlichen Erdarbeiter den Lohn davontragen, der ihnen so bluternst gebührt, von ihrem «Stück urbar gemachte[n] Land». Und schade, erkennt Alexander Sury kein Wort davon.
Donnerstag, 15. April 2021
DIE KÜNSCHTLERIN
Gewiss, dass sie ne Künstlerin ist
Sieht man(n) an ihrem Mützchen
Man sieht’s an ihrem Blick
Ihrem Kleid und ihrer Haltung
Man(n) sieht’s an ihrer
Lebensart
Worin ihr Künschtlertum besteht
das weiß man freilich nicht
Doch möcht es niemand bestreiten
da so vieles dafür spricht
(Auch dies Gedicht)
Da schreibt heute im BUND ein Leser einen Leserbrief, darin dies: »Ich trat ausgerechnet im April 2020 ins Altersheim ein
– mitten im ersten Lockdown. Und ich erfuhr genau das, was mit dem Begriff ›Gefängnis‹
gemeint ist: eingesperrt sein, ohne etwas verschuldet zu haben.« – Wie dumm ist der
oder seine Generation eigentlich? Die Definition von GEFÄNGNIS sei EINGESPEERT
ZU SEIN, OHNE ETWAS VERSCHULDET ZU HABEN: WTF?!? Und dann sagen doch genau die Männer
dieser Generation stets, wie hart sie als ›Aktivdienstler‹ im Nehmen seien.
Dabei sieht man es hier genau, was daran stimmt: nichts. Sie entlarven sich
selbst. (Wenn der Brief ausgewählt wird, meint es meist, dass mehr als eine Person diese Meinung vertritt ...)
Mittwoch, 14. April 2021
Und dann noch dieses Beispiel: Es sei wie »ein feines Essen ohne Wein«: In was für einer verdammt verwöhnten Mutter- und Vatertöchterchen-Gesellschaft leben die eigentlich? Essen ohne Wein gehe nicht?! Nächstens heißt es noch, wie ein ›feines Essen ohne Fleisch‹! (Siehe Peter Stamm am 8. Mai 2019 bzw. am 2. Juli 2012; der hatte gleich doppelt Unrecht [sic!], weil man - abgesehen vom Fleischkonsum - nach dem Fressen meist weniger glücklich ist als beim Essen) – Dass andere den Wein nicht nötig haben, weil sie ihn sich gar nicht leisten können, fällt ihnen schon gar nicht mehr ein ...
Ah, sie sollte die großen Namen besser nicht auspacken: Die ›Aura‹ nach Benjamin ginge verloren, wenn man die Lesenden bei ihnen zuhause lesen ließe und es dann digital zu den Zuschauern tragen würde ... Aber was macht sie stattdessen? Sie lässt sie in Bern lesen und dann digital zu den Zuschauern tragen. WTF! Was ändert das? Die Reproduzierbarkeit ist ja dennoch da! – Da hat wieder mal eine das Konzept nicht verstanden. Aber oh Mensch, genau solche ... etc. ...