Sonntag, 26. Dezember 2010
Samstag, 25. Dezember 2010
Freitag, 24. Dezember 2010
Donnerstag, 23. Dezember 2010
Kunst ist nie ein bloßer Spiegel zur Welt. Sie verwandelt diese vielmehr in ein neues, aus sich selbst bewegtes Gebilde (eine Art perpetuum mobile durch Jahrhunderte). Deswegen mögen narzisstische Menschen nicht lesen: Sie finden sich darin nicht wieder vor. (Was nichts darüber sagt, warum es auch bei den Schriftstellern derart viele Narzissten gibt oder ob sie nicht doch darin vorkommen, die Narzisten.)
Mittwoch, 22. Dezember 2010
Als Mensch im All nur ein Staubkorn. Es kommt wohl also drauf an für den Einzelnen, in seinem Staubkorninnern ein ganzes Weltall zu erschaffen oder mindestens zu gewähren; es wäre der altbekannte Makrokosmos im Mikrokosmos – macht aber das Leben einigermaßen ausgeglichen und erträglich. (Von sinnvoll wollen wir nicht reden ...)
Dienstag, 21. Dezember 2010
Montag, 20. Dezember 2010
Jeder Mensch sollte einen individuellen Namen haben, den es nirgends auf der Welt sonst gibt. Wenn nun jemand findet, das gäbe zu viel zu erlernen, sieht man wenigstens, welche Personen welchen ›Freunden‹ ein Namenslernen und Namenseinprägen wert sind. (Wenn jemand stirbt, wird der Name wieder frei; so wären auch perfekte Huldigungen an Verstorbenen möglich; aber ob da nicht die Reichsten wieder solche Namen kaufen könnten?)
Samstag, 18. Dezember 2010
Um die Zumutung, die Leben und Welt bedeuten, erträglich zu machen, erfindet der Schriftsteller seine Realität. Und weil der Schauer der Wirklichkeit das Schreiben also diktiert, gibt es auch bei einer auf so genannte Künstlichkeit bauende Literatur keine Weltflucht. Sie ist vielmehr Ausdruck eines Widerstands und gleichsam Mittel der Kritik. Egal ob im Sinne einer Pararealität oder einer Subrealität.
Freitag, 17. Dezember 2010
Donnerstag, 16. Dezember 2010
Mittwoch, 15. Dezember 2010
Dienstag, 14. Dezember 2010
Montag, 13. Dezember 2010
Samstag, 11. Dezember 2010
Freitag, 10. Dezember 2010
Warum nicht eine Fernsehquizshow, wo die Kandidaten zwar Geld gewinnen können (Geldi-Geldi olè!), wenn sie die richtigen Antworten wissen, bei der sie aber ein Jahr lang aufs Auto oder den Fleischkonsum verzichten müssen, wenn sie bei einer Frage falsch liegen? Wär wohl spannender als das, was man heute so geboten bekommt. (Nur so nebenbei: Ich habe seit 15 Jahren keinen Fernseh-Empfang mehr.)
Donnerstag, 9. Dezember 2010
Aber: Da sich der ›Kosmos‹ nicht nur Naturgesetzen beugt, sondern auch jenen der Statistik – weil diese eben wie jene von den Menschen erkannt wurden, auf nur ihre Weise –, werden wir wohl nie hinter die Geheimnisse all dessen kommen, was uns eventuell nur scheinbar umgibt und was um uns abläuft: Wie sollen wir erkennen, was wir nur mit unseren Begriffen fassen können (geschweige denn mit unseren Sinnen; siehe Kant).
Anders gesagt: Wenn die Verbindung von wachsender Unordnung und der Zeit meint, dass diese Verbindung so unauflöslich ist, dass sie das Grundgesetz der Welt heißen kann; und damit also auf Sicherste feststeht, dass bei voranschreitender Zeit nur immer ein größeres Chaos entstehen kann im Ganzen des Alls, alles nur immer noch chaotischer wird, wie der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik besagt – so ist doch der wahre Künstler jener, der eine perfekte Unordnung im Alphabet herstellt, so, dass er doch wieder einen perfekten Text hat (der eben eventuell den ganzen Welt-Prozess plötzlich umdrehen könnte).
Und: Zeit: Das Anwachsen der Unordnung im Universum spannt die Zeit als erfassbare auf – und bestimmt ihre Richtung: Die Unordnung ist stetig größer als jemals in der Unendlichkeit, die ihr vorausging. Macht es da Sinn, je Ordnungen aufzustellen? Oder stellen wir deshalb immer mehr davon auf? Kann man durch eine perfekte Ordnung eines perfekten Textes das ganze System zum eigenen Einsturz bringen? Zur Umkehrung?
Streng betrachtet leben wir alle wie jemand, der eine Brille bräuchte, aber keine aufhat. Wer wissen möchte, was genau wir eigentlich vor uns haben, um uns haben, muss alles gewissermaßen denkend rekonstruieren. Nur der kann überhaupt ein klein wenig erfassen, was um uns herum und mit uns geschieht. (Gebt mir Augen, um zu sehen? Vergiss es!)
Mittwoch, 8. Dezember 2010
Dienstag, 7. Dezember 2010
Montag, 6. Dezember 2010
Überhaupt: Dichter und die so genannten Mäzene bzw. Förderer. Als Robert Walser mal zu einer Dichterlesung nach Zürich geladen war, hatte er kein Geld für die Fahrkarte, daran hatte man schon mal nicht gedacht. So wandert er denn zu Fuss von Biel nach Zürich. Und dann, man denke sich: Erschöpft und ärmlich gekleidet tritt der Dichter nach Tagen vor den Vorsitzenden des Literaturvereins. Der schaut sich Walser an und verweigert ihm den Auftritt. Verlogenes Pack!
Sonntag, 5. Dezember 2010
Samstag, 4. Dezember 2010
Freitag, 3. Dezember 2010
Donnerstag, 2. Dezember 2010
Mittwoch, 1. Dezember 2010
Dienstag, 30. November 2010
Montag, 29. November 2010
Freitag, 26. November 2010
Mittwoch, 17. November 2010
Dienstag, 16. November 2010
Montag, 15. November 2010
Als Gefangener ist mit der Zeit nur noch von Bedeutung, was im Gefängnis drin geschieht, die Außenwelt wird mehr und mehr zu einer Art Zeitungsmeldung ohne Belang. Sind deshalb Autoren, die in einem total kontrollierten Staat schreiben, meist zu sehr nur noch für sich selbst und ihre Mitbürger wichtig? Ist das in der Schweiz so? Ist das bei mir so, da ich in mir gefangen bin, gegen die Welt stehend?
Sonntag, 14. November 2010
Samstag, 13. November 2010
Donnerstag, 11. November 2010
Wenn wir nicht im Laufe der Entwicklung lernen, unsere Destruktionstriebe von unseresgleichen abzulenken oder überhaupt umzuwandeln, wenn wir fortfahren, einander wegen kleiner Verschiedenheiten zu hassen und um einen kleinen Gewinn zu erschlagen, wenn wir die großen Fortschritte in der Beherrschung der Naturkräfte immer wieder für unsere gegenseitige Vernichtung ausnützen, welche Zukunft steht uns da bevor? (Die Antworten bitte an die Damen und Herren Politiker)
Mittwoch, 10. November 2010
Dienstag, 9. November 2010
Montag, 8. November 2010
Aus dem Unvollendetsein eines so genannten Fragments, über dem der Künstler gestorben ist, könnte etwas zur Sprache zu bringen sein, was dessen Unvollendetsein bedingte. Denn sind nicht alle Lebenswerke, also die Gesamtwerke ebenso Fragment? Will nicht jeder Künstler noch mehr machen, als er bei seinem Tod erst erreicht hat? Und was kommt daraus also zur Sprache?
Sonntag, 7. November 2010
Samstag, 6. November 2010
Freitag, 5. November 2010
Donnerstag, 4. November 2010
Kommt alle Gewalt aus der Erfahrung einer Gefangenschaft, eines Nicht-ausbrechen-Könnens im Leben? Und wäre eine solche Gewalt berechtigt, wenn sie nichts, absolut nichts zum Ziel hätte als das Ausbrechen aus dieser Gefangenschaft? Solange es die Tat eines Einzelnen bleibt, eines Einzelnen, den das Leben am Leben hindert? (Und ist nicht der Suizid solch eine Gewalttat, eine nach innen gekehrte?)
Mittwoch, 3. November 2010
Dienstag, 2. November 2010
Statement für die Aktion der Gruppe parteiloser Medien- und Kulturschaffender, die sich in der Stube entschieden haben, vom Sofa aufzustehen und etwas zu tun (für 2x Nein bei der Ausschaffungsinitiative und dem Gegenvorschlag am 28. November 2010)
Infolge Rohstoffmangels kam der Mensch vor erst 40'000 Jahren nach Europa. Heute fordern die Tiere die sofortige Ausweisung aller Menschen!
Infolge Rohstoffmangels kam der Mensch vor erst 40'000 Jahren nach Europa. Heute fordern die Tiere die sofortige Ausweisung aller Menschen!
Es feiern die ›evangelischen Kantone‹ der Schweiz auch heute noch den Sieg der ›Eidgenossen‹ über die ›abtrünnigen‹ Kantone im Sonderbundkrieg. Woher also nehmen sie und die Schweiz allgemein das Recht, Jugoslawien einen Vorwurf zu machen, wenn es seine ›abtrünnigen‹ Republiken nicht aus der ›Republik‹ entlassen will? Ich frage.
Montag, 1. November 2010
Die Zeit der kleinen Unscheinbarkeiten scheint in der Literatur einmal mehr vorbei zu sein: Die Mimosen der Gedanken, die feinen Bruchzahlen der Gefühle sind nicht mehr gefragt, wie noch vor einigen Jahren. Es beginnt (vielleicht) eine neue Periode der Literatur: Das große Erzählen steht wieder im Vordergrund – zum Glück auf einer ›höheren Stufe‹ als um 1890. (Wenigstens in der Literatur gibt es einen Lernprozess, eine Entwicklung.)
Sonntag, 31. Oktober 2010
Der Reporter, der sich eingeschlichen hatte, schreibt in seinem Bericht über den ›Anti-Feminismus-›Kongress‹‹: »Allgemein dominieren bei den Männern unüberlegte Frisuren, zu weite Lederjacken oder pastellfarbene Windjacken, und die meisten Schuhe sehen aus, als seien sie aus einer Ausverkaufs-Auslage bei Dosenbach gefischt worden. Die hohen ästhetischen Ansprüchen, die Kuhn an die Damen stellt, werden beim Anti-Feministen-Treffen kaum erfüllt.« – Ob die beschriebenen Typen nicht alle einfach Undercover-Journalisten waren, die sich nun gegenseitig beschreiben?! Und René Kuhn und seine paar Sitz-Front-Mannen also die Einzigen, die wirklich der Sache wegen dort waren … ?
Samstag, 30. Oktober 2010
Freitag, 29. Oktober 2010
2007 gaben bei den Nationalratswahlen 48,5 Prozent der Stimmberechtigten in der Schweiz eine Stimme ab. 29 Prozent stimmten für die SVP. 29 Prozent von 48,5 Prozent, das sind 14,065 Prozent: Das also ist der Anteil der Schweizer in der Schweiz; denn alle anderen sind für die SVP keine Schweizer mehr: »Bei den Bundeswahlen sagt man JA zur Schweiz und wählt also die SVP, oder man sagt NEIN zur Schweiz und zum Schweizer-Sein.« Aha. Und was ist mit den anderen 85,9 Prozent? Sind wohl alles minderwertige Menschen, Menschen zweiter Klasse, wie?! (Wie dumm sind die eigentlich?)
Donnerstag, 28. Oktober 2010
Die Schweiz: Finanzinstitute, wo die großen Gelder aus den Krisengebieten der Weltpolitik eintreffen; oder eine Autobahnraststätte, an der die 40-Tonnen-Laster Europas vorbeidonnern. Auf seiner Oberfläche aber spricht das heile Lied vom Vaterland vom Gegenteil, vom sauberen Chalet auf schönem Hügel, das gegen alles, was von draußen hereinwill, tapfer verteidigt wird. Ist das nicht peinlich: Das Hochhalten von hehren Freiheitsidealen, die im Lärm der Marktwirtschaft untergehen … ?
Mittwoch, 27. Oktober 2010
Als die Theater Friedrich Dürrenmatt zu schneiden begannen, sagt Peter von Matt, machte er sich den eigenen runden Kopf zur Schaubühne und pfiff auf die Intendanten. Konsequent heisst das für den Schriftsteller: Wenn er nicht beachtet wird, soll er den eigenen Kopf zur Welt machen und auf die ganze Menschheit pfeifen.
Dienstag, 26. Oktober 2010
Montag, 25. Oktober 2010
Man soll niemanden für geisteskrank halten, der in voller Absicht eine schäbige und unglückliche Vergangenheit von sich abschält und durch eine brillante Erfindung ersetzt: Von diesem Gesichtspunkt wird eine Ablehnung Freuds verständlich; und wäre damit nicht die Dichtkunst, als Entwurf einer besseren Gegenwelt im Angesicht des Entsetzlichsten, eine ständige Erfindung als Schutz vor dem Zugriff des Grauens? (Obwohl ich Freud durchaus mag.)
Sonntag, 24. Oktober 2010
Das Leben auf Plakat:
Bring Dich nicht um – wir brauchen Dich als Steuerzahler.
Wenn schon Selbstmord, dann erst mit 65!
Warum einen tragischen Tod sterben? Das Leben hat noch mehr Tragik zu bieten!
Bring Dich nicht um!: später gibt's das umsonst.
Wer will schon wissen, wie es weitergeht? Darum: kein verfrühtes Sterben. Bleib im bekannten Immergleichen des Lebens.
Kein Selbstmord! Wenn Du nicht leben solltest, wärst Du bereits früher abgetrieben worden.
Bring Dich nicht um – wir brauchen Dich als Steuerzahler.
Wenn schon Selbstmord, dann erst mit 65!
Warum einen tragischen Tod sterben? Das Leben hat noch mehr Tragik zu bieten!
Bring Dich nicht um!: später gibt's das umsonst.
Wer will schon wissen, wie es weitergeht? Darum: kein verfrühtes Sterben. Bleib im bekannten Immergleichen des Lebens.
Kein Selbstmord! Wenn Du nicht leben solltest, wärst Du bereits früher abgetrieben worden.
Samstag, 23. Oktober 2010
Was?! Literatur soll einerseits eine genaue und überzeugende Beschreibung der Gesellschaft geben, andererseits aber auch Idealbilder gestalten, und das mit ein und demselben Stück Text? – Na gut, bitte, dann machen wir das halt, wie es in der DDR gemacht wurde, wie es in China gemacht wird: Wir geben ein überperfektes Ideal-Bild der Gesellschaft, das durch diese Ironie gleichzeitig entlarvt und eben auch überzeugend geschildert wird. Voilà. (Äh, machen wir das nicht auch in der Schweiz schon lange so?!)
Freitag, 22. Oktober 2010
Desiderium originis: Diese Regung ist es, was den wahren Künstler vom normalen Menschen unterscheidet – zu seiner Freude, aber auch zu seinem nicht geringen Leidwesen. Der Künstler strebt zum Ursprung zurück, nicht nur zu seinem Ursprung, sondern ebenfalls zum Ursprung als Grundidee, zum eigentlichen Kern allen Seins und Abbildens. Dabei wird er selbst zum Ursprungsort seiner Werke und verspürt dadurch genau jenen Ekel - weil nun erneut etwas Neues in der Welt ist, das nie mehr in den Anfangspunkt zurück kann.
Donnerstag, 21. Oktober 2010
Mittwoch, 20. Oktober 2010
Dienstag, 19. Oktober 2010
Spätestens nach dem bekannten Erdbeben von Lissabon 1755 war es unanständig, an Gott zu glauben; nach Auschwitz ist es ein Verbrechen. (Voltaires drei Formeln: Wenn Gott gut wäre und trotzdem gibt es das Übel, dann ist er nicht allmächtig; wenn er allmächtig wäre und es gibt das Übel, dann ist er nicht gut; wenn er allmächtig ist und gut, wieso gibt es das Übel?)
Was nützt es, wenn Schriftsteller ganz aktuelle Themen aufgreifen, wie z.B. die Immobilienblase? Die Menscherl bringen es ja doch fertig und lassen sie weiter wachsen und wachsen, bis sie platzt: die Blase. Sofort ist dann das Buch veraltet – zumindest, wenn es nicht exemplarisch für etwas stehen kann. Und das hätte man ja gleich haben können; einfach mit anderem Thema. Also: Was nützt es?
Vor 50 Jahren verdiente ein Coiffeur bei einem Herrenschnitt 3.50 Franken; heute 40 Franken. Er bekommt also aus verschiedenen Gründen über elf Mal so viel. Ein Buch aber kostet nie elf Mal so viel wie damals. Obwohl die Hauptarbeit da auch nicht von Maschinen gemacht wird. Was sagt das über eine Gesellschaft aus?
Montag, 18. Oktober 2010
Sonntag, 17. Oktober 2010
Texte in Etyms bzw. DD (Deutlichem Deutsch; © Dominik Riedo) sind heute nicht mehr zwingend erforderlich; der gute Leser hat das darin vermehrt zur Geltung gebrachte auch im ›Normalen‹ zu lesen gelernt; angebracht ist die Schreibart bloß noch da, wo man es mit Denkschwachen und Verstehenslegasthenikern zu tun hat: also eigentlich doch überall außer bei den wahren Schriftstellern und einigen wenigen exquisiten Lesern.
Nur wenn der Kunstschaffende sich nicht vom Staat durchfüttern lässt, kann er der Erniedrigung zu Recht entrinnen, die er sonst tot oder lebendig über sich ergehen lassen müsste; nämlich der, sich vereinnahmen zu lassen. – Warum aber nehme ich Geld vom Staat? Weil er es nicht schafft, das Urheberrecht durchzusetzen. (Hier ist es also kein Geschenk, sondern eine Ausgleichszahlung.)
Alles hat bei den Sterblichen den Wert des Unwiederbringlichen und des Gefährdeten: Jede Handlung, die sie ausführen, kann die letzte sein; es gibt kein Gesicht, das nicht zu zerfließen bestimmt ist wie das Gesicht in einem Traum. – Im (so genannten) Himmel dagegen ist(/wäre) jede Handlung und jeder Gedanke das Echo von anderen, die irgendeinmal ohne ersichtlichen Grund vorangingen, oder die zuverläßige Verheißung anderer, die sich dereinst bis zum Taumel wiederholen werden. (Ich will dereinst sterben, danke.)
Samstag, 16. Oktober 2010
Donnerstag, 14. Oktober 2010
Raphael Gross legt in seinen Essays zur Moral der Nationalsozialisten dar, dass man es bei ebenjener NS-Moral mit einem extrem partikularen System zu tun hat, will heißen, dass seine durchaus vorhandenen Normen und Werte eben explizit nur für eine bestimmte Gruppe gegolten haben. – Aber kommt uns das nicht bekannt vor?
Mittwoch, 13. Oktober 2010
Dienstag, 12. Oktober 2010
Montag, 11. Oktober 2010
Dienstag, 5. Oktober 2010
Donnerstag, 23. September 2010
Mittwoch, 22. September 2010
Die Menschlein von heute prahlen gerne damit, weit gereist zu sein: Man wisse dann mehr über sich und die Welt. Aber warum informieren sie sich nur synchron? Nicht auch diachron? In der Geschichte kennen sie sich meist überhaupt nicht aus. Dabei lernen wir aus ihr mehr als durchs Reisen nur durchs Jetzt.
Dienstag, 21. September 2010
Montag, 20. September 2010
Die Schweiz betrachtet sich wesentlich und ursprünglich als eine ›Gemeinschaft aus freiem Willen Verbündeter‹. Nichts da von Gottes Gnaden (verschiedene Konfessionen). Und es gibt auch keine vorpolitisch zwingende Bedingung für diesen Staat, wie etwa eine gemeinsame Sprache. Es gibt nur den freien Willen jener, die dazugehören. Dieser aber ist frei nur, wenn er auch anders könnte. Im autonomen, mit Vernunft geplanten und keineswegs metaphysisch hergeleiteten Akt des republikanischen Zusammenschlusses steckt daher von Natur aus immerzu unter anderem die Möglichkeit, bei gegebenen guten Gründen wieder auseinanderzutreten. Dieses Denken des Anderen gehört sogar per definitionem zu einer Konföderation und mithin verstößt die Tabuisierung solcher Gedanken gegen die Grundlagen einer Republik. (Oder anders gesagt: Kritik an der Demokratie und einem Land kann nur in der Demokratie wirklich gelingen. Sie müsste die Politik gar freuen …)
Wir sind alles Epigonen? – Der Glaube an die absolut vollkommene Form ist ein hohes Erbe des europäisch-abendländisches Geistes. Er ist das platonische Schönheitsstreben der Renaissance, das Winckelmann nach Deutschland brachte und Goethe noch bekannte, als er auf dem Rücken seiner römischen Geliebten Versformen skandierte. Und es war das Credo Jacob Burckhardts sowie des europäischen Klassizismus. So gesehen sind all jene, die an die Form als einzigen Wert im zunehmenden Chaos der sinn- und formlosen Welt glauben, jene, die die ganze Hässlichkeit der Welt in strahlende Schönheit umschmieden wollen, je ein Glied in einer langen Kette. – Aber wie steht es heute um diesen Glauben? Fast niemand beugt sich noch unter das Gesetz der Form: Wer heute noch streng an der Form arbeitet, ist ein Einzelfall. Die Kette wird loser.
Sonntag, 19. September 2010
›Nationalgeschichte‹ (Gründungsmythen) kann als Faktor der Begeisterung auf die Wahrheitsbehauptung ebensowenig verzichten wie die Religion. Wenn sie nur noch Literatur ist, ist sie halt auch nicht mehr Historie, nicht mehr zuverläßiger Bericht über das, was einst geschehen ist. Das macht Literatur dem Staat so verdächtig.
Samstag, 18. September 2010
In Luzern fördert der Kanton die Wahrnehmung des Bettags. Wo bleibt da die Trennung von Kirche und Staat? (Und man soll mir nicht damit kommen, dass wir eine christlich geprägte Gesellschaft sind: Wir sind viel mehr geprägt von der Aufklärung (Rationalität, Demokratie, Toleranz, Meinungsfreiheit, Menschenrechte), die wiederum berief sich auf die Antike.) Noch schlimmer aber: Zuständig ist der Bildungs- und Kulturdirektor: Was aber hat Kirchliches mit Bildung zu tun (sie wollte und will sie möglichst fragmentarisch vermitteln) oder der Kultur (sie ist das wohl beste Beispiel einer Unkultur)? Es ist für denkende Menschen einfach eine Frechheit! Oder schlimmer: eine Tragödie, nein: ein Unglück!!
Eine allumfassende Bildung könne man heute – im Unterschied etwa zum Verständnis davon im Barock, wo man einem Menschen noch zutraute, enzyklopädisch zumindest alles zu begreifen – nicht mehr besitzen. Das Schlimme heutzutage ist aber nicht dies, sondern viel eher, dass wir auch nicht mehr eine Bildung im Sinne der Aufklärung vermitteln: Wir lehren nur noch, was die nächste Generation braucht, um Geräte zu bedienen, zu funktionieren, alles am Laufen zu halten. Aber nicht, was es bräuchte, um selbst differenziert zu denken, auch mal gegen etwas wirklich und gut begründet zu opponieren, sogar mal bewusst auszubrechen, anders zu leben …
Freitag, 17. September 2010
God wants dollars / God wants cents / God wants pounds shillings and pence (Roger Waters)
Herrgott! Wenn du zufällig die Muße hast, dich zwischen zwei Börsenbaissen oder einigen dämlichen Völkerschlachten auch einmal um die Armen zu kümmern: Hörst Du die Schreie derer, die da nichts haben – einfach nichts? – Kyrie eleison …
Herrgott! Wenn du zufällig die Muße hast, dich zwischen zwei Börsenbaissen oder einigen dämlichen Völkerschlachten auch einmal um die Armen zu kümmern: Hörst Du die Schreie derer, die da nichts haben – einfach nichts? – Kyrie eleison …
Mittwoch, 15. September 2010
Keine Kulturpolitik, ne: Kunstpolitik ohne Künstler! Hier aber haben wir in der Schweiz ein erhebliches Demokratiedefizit in der Verwaltung öffentlicher Institutionen und an öffentlichen Stellen. Überall wird von Kulturmanagern darüber entschieden, wo was wie in die Kunst fließen soll an Geldmitteln. Da sind Entscheidungen über die Köpfe der Betroffenen hinweg vorprogrammiert. Deshalb: Kunstpolitik nicht ohne die Kunstschaffenden!
Dienstag, 14. September 2010
Montag, 13. September 2010
Worte gegen den Welthunger – Statement für die Aktion auf dem Bundesplatz am 16. Oktober 2010
Ja, nun stehen wir alle hier und finden das gut. Aber durch solche Aktionen werden – vor allem von politischer Seite – meist bloß die schlechten Gewissensbisse beruhigt, die eigentlich doch nur zum Himmel schreien, dass wir alle genug zu fressen haben. – Wer also ab heute nicht mindestens zum Vegetarier wird, damit wir nicht die Nahrungsmittel, die für alle ausreichend vorhanden wären, blödsinnigerweise weiterhin den ›Nutztieren‹ verfüttern müssen, auf dass sie schön fett werden und wir einen Bissen Fleisch an den Gaumen klöppeln können, Tag für Tag für Tag, soll sich doch bitte gleich verpissen ...
Ja, nun stehen wir alle hier und finden das gut. Aber durch solche Aktionen werden – vor allem von politischer Seite – meist bloß die schlechten Gewissensbisse beruhigt, die eigentlich doch nur zum Himmel schreien, dass wir alle genug zu fressen haben. – Wer also ab heute nicht mindestens zum Vegetarier wird, damit wir nicht die Nahrungsmittel, die für alle ausreichend vorhanden wären, blödsinnigerweise weiterhin den ›Nutztieren‹ verfüttern müssen, auf dass sie schön fett werden und wir einen Bissen Fleisch an den Gaumen klöppeln können, Tag für Tag für Tag, soll sich doch bitte gleich verpissen ...
Sonntag, 12. September 2010
Samstag, 11. September 2010
Freitag, 10. September 2010
Donnerstag, 9. September 2010
Mittwoch, 8. September 2010
Ich schreibe zu kompliziert, zu schwierig? – Mit meiner Sprache ist Auschwitz schwer zu planen, noch schwerer zu errichten, kaum durchzuführen, auf keinen Fall zu rechtfertigen. Die Gegenprobe im stilistisch immer uniformeren Einheitston mag jeder für sich selber machen … (Können Gleise, die nach Auschwitz führen, in der Grammatik angelegt sein? Ja!)
Dienstag, 7. September 2010
Wuchs dir die Sprache im Mund, so wuchs in die Hand dir die Kette: / Zieh nun das Weltall zu dir! Ziehe! Sonst wirst du geschleift. – Je nun, manchmal wär’s gar nicht so schlecht, über Sterne und Planeten geschleift zu werden. (Oder stehen wir, wenn wir das Weltall ziehen können, außerhalb von allem?)
Der Mensch sei (nach Lorenz) nicht wie eine Ameise oder Termite: Er ertrage es nicht, ein anonymes und durchaus austauschbares Element unter Millionen völlig gleichartiger zu sein und fordere mit vollem Recht die Behauptung seiner Individualität. Warum aber haben dann fast alle denselben miesen Schreibstil, dieselbe miserable Sprache? – Da kann es mit der Individualität nicht gerade viel auf sich haben …
Montag, 6. September 2010
Sonntag, 5. September 2010
Donnerstag, 2. September 2010
Mittwoch, 1. September 2010
Dienstag, 31. August 2010
Die große, reiche Welt besucht die Theater, wo ihr vor blendenden Abendkleidern und klimperndem Schmuck eine gespielte Welt des Hungers und des Elends aufgetischt wird, während die kleinen, armen Leute sich in die grottenhaft zurechtgemachten Eventlokale presst, um einen Schimmer der Welt abzubekommen, wie sie ihn sich bei den Reichen imaginiert.