Mittwoch, 29. Mai 2013
Montag, 27. Mai 2013
Sonntag, 26. Mai 2013
Schreiben ›kann‹ jeder. Ideen haben können auch viele. Zusammenfügen ist
das Kunstwerk. Gott – wenn’s ihn denn jetzt gäbe – wäre überhaupt nur ein
(schlechter) Zusammen-Füger, ein Kompilator, ein Schludri. / Von daher auch die
Idee, alles neu zusammenzufügen (Lexika; aber auch Roman-Welten, Ideen-Welten).
Ich möchte bei einer – irgendeiner – Beurteilung vor ebenbürtigen Wesen
stehen, gegen die ich mich zur Wehr setzen und denen ich meine Argumente
vorbringen kann: So erfinde ich sie mir selbst und rede mit ihnen, haue ihnen
eins auf die Schnauze, ringe mit ihnen, komme unten zu liegen und rangele noch
ein wenig nach.
Samstag, 25. Mai 2013
Freitag, 24. Mai 2013
Ich möchte den Brei der Kindheit essen. Wer soll ihn kochen? Der Vater versucht
es. Aber da fehlt noch viel. Ich hole die ehemalige Lehrerin zu Hilfe. Aber auch
so fehlt viel zu viel. Es kommt der Junggruppenleiter. Ja, ein wenig riecht es nach
damals, aber wer soll das essen, so wie es aussieht? Ich kenne einen anderen Brei.
Also zeigt sich die Tante. Sie kocht gut. Aber auch mit ihren Kochkünsten wird der
Brei nicht wie damals. Als fast schon letzte Möglichkeit zeigt sich die tote Großmutter.
Aber ach, ihr brennt wie immer der Brei ein wenig an. Nunja, vielleicht gehört das
dazu; aber es passt noch nicht. Also finde ich endlich den Pfarrer, der grad seine
Kirche begutachtet; auch er schon lange nicht mehr von dieser Welt. Was also kann
er ausrichten? Er kann den Chefkoch holen. Er kommt, der wahnsinnige, der tolle
Mensch. Und wie sieht der Brei aus? Man muss ihn mit dem Presslufthammer zerkleinern.
– Und mir reicht’s. Es geht einfach nicht. Dabei sehne ich mich so danach. Brei
der Kindheit, wie hast Du geschmeckt?
Donnerstag, 23. Mai 2013
Mittwoch, 22. Mai 2013
Dienstag, 21. Mai 2013
Der Wirt hat nichts gespürt. Der Frosch schlüpfte aus seinem Mund, als
er bewusstlos dalag und niemand dagewesen wäre, um zu sagen, wie lange er wohl
noch leben würde. Der Frosch blickte nach rechts. Da ging es steil nach unten.
Links ging es kaum weniger steil nach oben. Also hüpfte er vorwärts, nicht,
ohne sich ab und zu nach hinten abzusichern. Doch keine richtige Freude kam
auf. Das Hopsen war anstrengend, er hatte ein beständiges Rauschen im Gefühl,
Wasser war nicht in der Nähe und das Leben draußen also schwer. Was sollten all
diese Dinge, von denen er nichts verstand? Drinnen hatte er alles gehabt. Schon
war er am Zurückhopsen, als er merkte, dass sein Wirt nicht mehr alleine war.
Ein Mann kniete bei ihm und sagte eben zu seiner Begleitung: »Er muss einen
Hirnschlag gehabt haben; er ist tot.« Ui, was sollte er jetzt? Rasch hüpfte er
um das Felseck. Schon wollte er sich halt in sein Schicksal fügen, als es
plötzlich schattig um ihn wurde. Er hatte nie nach oben geblickt! – Und es
wurde ganz dunkel. Zwei Wochen später kam sein neuer Wirt auf die Welt: ein
kleines Mädchen.
Montag, 20. Mai 2013
Der ›Sauerkrautschlucker‹ des Muoatathals. Er hatte den geilsten
Schlitten. Und schon Unfälle. Egal. Im Saufen ist er spitze. Er verbringt seine
Wochenenden wieder und wieder die Meter zählend, die er schafft, wenn er
zuvorderst im Dorf, in der ersten Beiz, das Saufen beginnt, mit einem Bier, und
dann weitergeht zur nächsten Beiz, dann zur dritten usw. Meistens übernachtet
er draußen. Jemand stellt dann sein Auto in die Nähe.
Wenn ein großer Schriftsteller stirbt, steht da ein neuer Stern am
Himmel; ich blickte bei Nabokov hinauf, sagen mir meine Tanten, bei Arno
Schmidt … Seither suche ich fernoben im kalten Gestirn meine Toten … Doch
eingeklemmt im Schöpfungsriss, dringt durch mich der Sterne Atem, ohne dass ich
Frisch gefunden hätte, Erika Burkart oder Jürg Jürgensen; bei Hermann Burger
sah ich eine Sternschnuppe, bei Dürrenmatt einen matten Stern …
Lasst uns doch alle Reichen von zum Beispiel Frankreich in die Schweiz
holen, das Hoheitsgebiet der Schweiz im Westen etwas vergrößern, dann
Frankreich von allen restlichen Franzosen säubern, und vor allem den Süden am
Meer für uns haben. Wenn es zu wenig mild sein sollte, könnte man es leicht
atomar verseuchen und man sitzt halt mit ein paar Jod-Tabletten täglich am
Strand. Macht doch nichts, oder?
Sonntag, 19. Mai 2013
Ich und die Welt: Mit
einer Energie aufgeladen, die nur den Schluss zulässt auf eine libidinöse
Beziehung zum Hassobjekt der Fremdheit. Die Kakophonien der Ekelbeschwörungen
als verkappte Liebeslieder. Oder der Versuch, das Gleichgültige auszufüllen,
und sei es mit Abwehr. Das Unheimatliche
als heimliche Lockung: Ich will in
den Abgrund des Tabuisierten stürzen. Es werde mir (und meinen Leserinnen und
Lesern) ganz anders.
So muss man sich wohl auch ›Gott‹ vorstellen: Kreiert als ein Monstrum, damit überhaupt etwas ›da‹ sei, das man und auf das man zeigen kann.
Literaturen und Litaneien demnach sehr ähnlich: Sie psalmodieren das Allerintimste , in einer ganz eigenen – phonetisch ritualisierten – Geheimsprache.
So muss man sich wohl auch ›Gott‹ vorstellen: Kreiert als ein Monstrum, damit überhaupt etwas ›da‹ sei, das man und auf das man zeigen kann.
Literaturen und Litaneien demnach sehr ähnlich: Sie psalmodieren das Allerintimste , in einer ganz eigenen – phonetisch ritualisierten – Geheimsprache.
Samstag, 18. Mai 2013
Ah, dieser Künstler: Er hat entweder fast keine Bücher verkauft oder aber
Bestseller, dann aber in seinen Anfängen fast keine. Die wahren Bücher schätzen
sie heute, nach seinem Tod, aber nur die wahren Kenner. Was jeder von sich denkt.
Blabla. Und der Künstler hatte Frauen, Alkohol, er war halt speziell. Aber das Land
hat er trotzdem geliebt. Und die Tiere. Ah, wenn sie so einen Mann haben könnte.
Oder so eine Frau. Meimei.
Mir träumte, dass ich vor ein zahlreiches und erwartungsvoll gespitztes Auditorium
hintrete, geschäftig meine Unterlagen sortiere und munter und zweifelsfrei zum Vortrag
ansetze. Doch mitten in der Rede merke ich, dass ich eine Sprache spreche, die sie
noch nicht sprechen. Ich habe Sprachschritte getan, die sie noch nicht mittun können.
Ich bin allein mit meiner Rede. Niemand versteht mich. Nur die Katze des Hauswarts
nickt dazu ein wenig. Und er, bei ihm bin ich nicht sicher … versteht er mich, einfach
so?
Freitag, 17. Mai 2013
Donnerstag, 16. Mai 2013
Ich werfe einen Anker in der Luft herum, dessen Tau um den Hodensack gebunden
ist. Aber kein Zug ist zu spüren. Alles vergebens: Warum lebe ich noch? Liest doch
eh keiner. Und das Spielen im Text macht nicht immer Freude. Eher: das Saufen, Fressen,
Schlafen, Ficken, Spielen draußen, Sehen, Fühlen – aber die Hälfte davon ist mir
verwehrt. Ich peitsche mich weiter im steilen Sturz nach unten.
Mittwoch, 15. Mai 2013
Dienstag, 14. Mai 2013
Alles schon einmal da. Alles. Was man einzig noch machen kann, ist eine
eigenständige Zusammenstellung von ausgewählten Teilen des Ganzen. Das ist dann
auch Kunst. Indem sie die eine Kombination findet, hält sie den
Rückgang ins Nichts auf – solange man sie gewähren lässt und unterhält, die Künstler.
Montag, 13. Mai 2013
Nachdem die
Zwillingsschöpfer Vierfüßler und Vögel geschaffen hatten, sprachen sie zum Reh,
zu den Vögeln, zu Puma, Jaguar und Schlange: ›Lobt uns. Redet zu uns‹. Aber die
Tiere konnten nicht reden wie Menschen. Sie zischten, schrien und gackerten.
Sie konnten kein Wort formen, und ein jegliches schrie nach seiner Art. Da
beschlossen die Former und Schöpfer: ›Wir werden euch ersetzen, da ihr nicht
sprechen könnt. Ihr ward nicht fähig, uns anzurufen. Daher werden wir andere
erschaffen, die uns willig sind. Das ist fortan euer Schicksal: Euer Fleisch
wird gefressen werden.‹ – (Hieran ist derart viel falsch, dass man
nicht weiß, wo beginnen. Aber:) Ich lobe auch nicht. Fresst mich! Aber es ist
ja ganz zuvorderst bloß eine Rechtfertigung fürs Fleischfressen.
Sonntag, 12. Mai 2013
Samstag, 11. Mai 2013
Freitag, 10. Mai 2013
Ich sehe mich sowieso gerne als literarischen Feldherrn, der mit dem
Tintenszepter (Wieso schreibt das weiß?!?) über alle Manuskripte und
Typoskripte befiehlt und das sogenannt Reale heftig verwirft. – Also leb‘ ich meine Reste / Vom
Belagerungsding umspannt / Still in meiner Zimmerfeste / Innern Welten zugewandt
…
Früher in Cafés. Heute zum Beispiel im fahrenden Zug, im Bistro, als der
Inbegriff einer Erfahrung der Moderne: Die unterschiedlichsten
Parallelwelten treffen zu einem einzigen mehrperspektivisch herausfordernden
Eindruck aufeinander: die Fahrbewegungen und -Geräusche, die Landschaft vor den
Fenstern, Gerüche, Gesprächsfetzen, Lautsprecherdurchsagen. Die Schmutzflecken
an der Scheibe und die Reflexionen des Innern in Tunnels oder in der Nacht. Photos
von Schönheiten, wenn man die Kamera unverdächtig (am Tag) nach draußen
richtet. Ja, und also einen Gruß an Hermann Kesten.
Donnerstag, 9. Mai 2013
Mittwoch, 8. Mai 2013
Dienstag, 7. Mai 2013
Montag, 6. Mai 2013
Der bedeutendste Roman der Weltliteratur entstand in 17 Jahren am
heimischen Schreibtisch des Mannes, der zuvor Roman um Roman geschrieben hatte
und wegwarf, damit er jene Höhe des Könnens erreichte, die unerreichbar bleiben
sollte. Als er starb, kannte jedoch niemand seinen Namen oder den Titel seines
Romans. Denn Agenten, Lektoren und Verleger waren sich alle einig: Vollkommen
unverkäuflich!
Sonntag, 5. Mai 2013
Samstag, 4. Mai 2013
Freitag, 3. Mai 2013
Donnerstag, 2. Mai 2013
Mittwoch, 1. Mai 2013
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