Die Schweiz und das restliche Europa verstanden das Ausmaß der Katastrophe im Frühling 2020 rund um das Corona-Virus erst durch ein Foto aus Bergamo. Dies eine Bild mit den Militärlastwagen, die in der Nacht heimlich die unzähligen Särge mit den Covid-Toten abtransportierte, weil das eine Krematorium nicht mehr nachkam – erst dies setzte sich in unserem Bewusstsein so tief ab, dass wir es glaubten, dass wir reagierten.
Eine Gefahr muss also medial sichtbar sein, um verstanden und bekämpft zu werden.
Das zeigte sich auch rund um die Flüchtlingskatstrophe im Mittelmeer. Die Nussschalenboote sanken schon jahrein, jahraus – und Menschen starben. Aber emotional ergriffen reagierten die meisten Europäer erst, als sie das Bild der Leiche eines kleinen Mädchens am Strand der Türkei sahen, an dem man sonst (hätte) baden konnte.
Doch hat dies auch mindestens zwei Haken: Erstens dürfen wir uns nicht völlig ohnmächtig fühlen; Ohnmächtige können nicht handeln. Und zweitens führt das Mitleid, das wir aufgrund solcher Bilder dann haben, auch zu einer falschen Sicherheit: Durch das Mitgefühl kommen wir uns nicht wie Komplizen dessen vor, wodurch das Leiden verursacht wurde. Obwohl wir bei den Mittelmeer-Toten durchaus auch mitschuldig sind: Wir haben den Ländern rund um Syrien jahrelang nicht geholfen, die gewaltigen Flüchtlingsströme zu versorgen, bis sich das Gefühl keiner Zukunft breitmachte, was erst den gewaltigen Flüchtlingsstrom Richtung Europa bewirkte.
Es ist schon immer ein Übel: Selbst wenn wir betroffen sind im bestgemeinten Sinne, finden wir noch einen Weg, es für uns ins Gute zu wenden: WIR haben MITLEID, wir können also gar NICHT SCHULDIG sein.
Meine Güte ...
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