Sonntag, 18. August 2013


Du bist aus der Kirche ausgetreten. Deine Hülle mochte es nicht. Aber was sollte das denn noch? Dann kam der Unfall.
Und du lagst das erste Mal im Erwachsenenspital.
Und dein Deutschlehrer hat dir »Der Fänger im Roggen« gebracht. Nicht, dass dieses Buch dein Leben völlig verändert hat, aber die Geste hat es. Dass es nicht nur Freundinnen gab, die dich würden lieben können. Sondern dass es auch andere Menschen gab, die dich einfach mochten. Für das, was du warst.
Das hat dich wieder hochgebracht. Nach einem Jahr. Und nach drei Jahren hattest du wieder eine Freundin. Sie lebt heute noch. Und ist als einzige aus der ganzen Klasse Professorin geworden. Irgendwie hast du es wirklich immer gespürt, die richtigen zu erspüren.
Wie bei den Büchern. Früh hast du gewusst, dass dieses Buch extrem gut ist und jenes schlecht. Du hast es erst später zu begründen gelernt. Aber es sind meist die gleichen geblieben – und die gleichen wurden von Menschen geschätzt, die wirklich etwas von Literatur verstanden.
Mit 21 Jahren dann hast du es endlich geschafft, von zuhause wegzukommen. Bist aus der nur nach außen scheinbar perfekten Welt geflüchtet. Aus der Puppenkiste.
Dabei hast du mit deinem Bruder schon mit sechs Jahren Puppen aufgeschlitzt. Mit dem Messer, von unten her: Rein in die Vagina und hochgezogen.
Und ihr habt bei der Großmama Brüste an die Bilder an der Wand gemalt. Hatte da eine kleine Brüste, wenn sie in den Sonnenuntergang ritt, zack, kam der Schwarzstift und wow war da eine Riesentitte.
Manchmal hast du dich gefragt, ob dir die Welt je etwas anderes gewesen ist als ein Körper, mit Titten als Berge und Vaginen als Tälern, bewaldet oder unbewaldet, mit größeren Lappen oder kleineren?
Dann hast du dich gefragt, ob es solche Menschen seien, die der Welt schaden, und hast lernen müssen: Nein, es sind die Männer, die stolz Motorhauben öffnen, die auch ein Gewehr auf hilflose Kinder richten, die nicht die Nachkommen ihrer Freunde sind.
Ah, gebt mir Schüsse zwischen die Ohren … Nein, nein, zu trinken! Was gegen die Schmerzen!
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen