MEINE IMAGINÄRE REISE, 2.
MÄRZ (ERSTER TAG)
Ein Klischee: Warum möchte
ich diese Reise überhaupt noch machen? Denn es ist ja nicht so, dass ich erst
nach meinem 40. Geburtstag auf die Idee gekommen bin, die Vereinigten Staaten
(abwechselnde Namensgebung im Text macht sicher immer gut ...) zu befahren. Den
Traum hatte ich als Jugendlicher. Möchte ich also, wenn ich mit meinem Bruder
gehe, eine Art Jugend wiedergewinnen oder zumindest das Gefühl der Zwanziger?
Kaum. Ich weiß ja, dass ich mich selbst und meine Gefühlswelt immer mit mir
nehme. Die Lage im Innern ändert sich nicht groß. Aber ein Wechsel der Umwelt
kann schon ein Wechsel auch im Innern bringen. Man wird halt dann sehen müssen
...
Auf jeden Fall will ich mir
nicht die typischen Bilder wiederholen: Die «wahnsinnig hilfsbereiten» Amis,
die «aber» «ach so auf die Kalorien schauen – oder überhaupt nicht» ... Oder
die «ein übersteigertes» Sicherheitsdenken haben. Eine «unglaubliche»
Landschaft. Ich will mir aufschreiben, was mir wirklich auffällt und im Kopf
bleiben müsste. Einzelheiten. Die mehr sagen (könnten).
Die Reise begann an sich erst
mit dem Start des Flugzeugs. Vorher war da das Gefühl des Gewöhnlichen noch zu
groß. Zum Glück bringt mich «my love» (einige Klischees und Worthülsen dürften
erlaubt werden), meine Freundin noch gut auf den Weg: Danke! – Danach aber
beginnt zwar die Reise, wie gesagt, aber es ist doch ein Warten: Bis wir
zwischenlanden, bis wir wieder starten, bis wir endlich in New York (JFK)
ankommen. Ich komme viel schneller an der Grenzkontrolle vorbei als 2013. Nur
das Iran-Visum wird dem Supervisor gezeigt, das ist es dann aber schon. In der
Subway Richtung Penn Station allerdings sitzen wir mitten im Klischee (das wir
vielleicht auch selbst sind: Wir müssen aufpassen, in unseren Kommentaren
zueinander nicht in eine Art Europa-Chauvinismus zu verfallen: Man erwartet ein
auch technisch führendes Land, und ist nicht gefasst auf Toiletten, die für
unsere Nasen mehr stinken, auf Wasserhähne, die für uns unlogisch funktionieren
– und auf Croissants, die 510 Kalorien haben: «Wie machen die das?!», lachen
wir ...): Ein Penner, der sich grad verschiebt oder auch nur aufwärmt, stinkt
dermaßen schlimm, dass viele Passagiere in andere Wagen ausweichen. Wir schauen einander
an und bleiben.
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