Dienstag, 24. März 2015

ZENSUR? ...:
Diese Antwort ist für mich blanker Hohn. Da wendet sich jemand Hilfe suchend an einen und man ›dankt‹ zuerst einmal für den Brief; damit spurt man gewissermaßen auf der Geschäftsbriefschiene ein: ›Wir danken für Ihren letzten Brief vom soundsovielten …‹ (Darauf weist auch das »Ihr Brief vom …« hin.) Dann aber wechselt die Sprache im gleichen Satz noch und es ist die Rede vom ›Schicksal erzählen‹. Ja, gilt es ihn denn dafür zu belobigen? Hat er sein Leben denn erfunden? Oder geht es darum, es bestmöglich zu präsentieren? Und vermutlich bereits wenn dann die ans ›Dritte Reich‹ gemahnenden ›Durchhalteparolen‹ auftauchen, die nach der perversen Logik funktionieren: Sie haben es bis hierhin geschafft, also schaffen sie es auch noch weiter, und die den Leser zusammen mit den guten Wünschen an ein Berufszeugnis erinnern (»Mut und Kraft für Ihren weiteren Lebensweg«), es ist anzunehmen, um den Brief schön abzurunden, oder aber spätestens als man dem Empfänger, Sprachfehler im Brief inbegriffen, »alles Gute« wünscht, tschüssi, ciao … spätestens dann durfte mein Vater zu Recht geräuschvoll feststellen, was er mündlich etliche Mal tat: ›Hilfe‹ werde dort und an anderen ähnlichen Stellen wohl nur ›geboten‹, um das eigene schlechte Gewissen zu beruhigen.

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