Sonntag, 6. April 2025

[Ausschnitt aus dem Tagebuch DR; 30 Tage danach]
FREITAG, 07.03.2025
Kurt Messmer (*12.03.1946) ist tot. Der (Geschichts-)Lehrer, der mich in der ersten Klasse des Lehrerinnen- und Lehrerseminars des Kantons Luzern als Einzigen all seiner Schüler damals und seit er als Lehrer zu arbeiten begonnen hatte (und er erzählte mir 2023 auf dem Schiff in Luzern, bei der Vernissage, dass er das auch nie mehr gemacht habe) per Einzelauftragsunterricht speziell fördern wollte – ich sei doch viel zu klug und schnell, um im allgemeinen Unterricht zu bleiben. Er könne mir jeweils kurz erklären, was die Klasse vorgekaut bekommen habe (seine Worte; ich habe sie im Ohr, wie wenn es gestern gewesen wäre) ... ich aber würde so mein Hirn an viel tiefergehenden Informationen weiden, denen ich allein in einem Studienzimmer nachgehen dürfe. / Wie sehr mir das neben dem Fachwissen geholfen hat, war die Tatsache, dass da jemand an mich glaubte. Meine Eltern und gewisse andere Lehrerinnen und Lehrer taten das ja nie so richtig. / Was mich dann deswegen ab 1993 fuchste: Nachdem ich in allen Semestern und allen Fächern bei ihm beziehungsweise anderen Lehrern, die etwas mit Geschichte zu tun hatten, immer die Bestnote 6 im Zeugnis hatte, wurde ich mit neunzehn Jahren leider etwas fahrig (auch, weil ab der vierten Klasse diese Sonderstellung eben nicht mehr erlaubt war) ... und hatte meist nur noch ‘ne 5-6 im Zeugnis, was dann für das Abgangszeugnis zusammengerechnet wurde. Als darauf auch noch gelost werden musste, ob wir in der Geschichte einen Diplom-Prüfungs-Abschluss zu machen hätten oder in einem anderen Fach (Wahnsinn, oder?!), traf es mich natürlich in die Nicht-Geschicht-Klasse. Denn dort hätte ich mit ihm nochmals so richtig diskutieren wollen, wie etwa 1992 zwei volle Schulstunden lang in einer nachträglich legendären Doppelstunde, die wir zusammen bestritten (vor meiner üblichen Semi-Klasse). / Immerhin verlegte ich dann das letzte Buch von ihm, «Zweierlei Freiheiten», als ich 2023 den PRO LIBRO-Verlag leitete. Da waren wir uns, wie schon bei der Vernissage von S.R. auf einem Schiff, nochmals sehr nah. Vielleicht waren Schiffe unser Ding ... oder Vernissagen: Denn schon 2011 hatten wir auf einem anderen Schiff*, bei der Vernissage meines Buches «Luzern, Luzern ...», einen wunderbaren Moment, der zeigte, was für ein edler Mensch er war. 
So bleibt mir nun der Blog, den er fürs Schweizerische Nationalmuseum führte und mich an vielerlei Zeiten im Seminar erinnert, vor allem an die Geschichtswoche in Willisau und Umgebung, wo wir 1991 mit ihm derart viel erlernten und erfuhren, dass ich fast überall im Luzerner Hinterland eine Anekdote* über ihn zu erzählen weiss.
Lebe weiter in den Büchern und den Herzen, lieber Kurt.

*Eine ganz andere – bereits damals mit einer Art Schiff verbunden – passierte an einem heiss-sommerlichen Mittag im zweitletzten Semi-Jahr (ich war aber noch nicht volljährig): Eine Sechsergruppe seiner Geschichtsklasse, alle von der 4a, drei Knaben und drei Mädchen, fuhren mit einem Pedalo auf den Vierwaldstättersee. Pitsch, der Tropf, zog einen Stöpsel am Boden raus, einfach, weil er neugierig war. Der aber war dafür da, an Land Wasser im Pedalo abzulassen. Auf dem Wasser drang nun ein steter, kräftiger Strahl ins Pedalo (eins dieser grossen, aus Plastik; wie gesagt: sechs Plätze). Schneller und schneller füllte sich das Boot – und wir versuchten mit vereinten Kräften rechtzeitig ans Ufer zu gelangen. Aber etwa fünf Meter vor dem Ziel soffen wir alle zusammen ab. Da setzte es Schelte vom Besitzer (was ich verstehen konnte) ... vor allem aber wunderte sich Kurt Messmer, warum wir alle sechs tropfnass zum Unterricht erschienen.

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