Samstag, 18. Januar 2014

ZWEIHALBJAHRHUNDERT
Nein, ein Genie war unser Schmidt nicht. Unser? Ja, unser: Denn wir erkennen ihn immer, egal ob in Briefen an Heinz Jerofsky, ob im Frühwerk, den mittleren Jahren oder dem Spätwerk: Immer ist da dieser Rhythmus, der Sprachrhythmus, das, was nur bei ihm so zwischen den Wörtern (als quasi ›betonter‹ Zwischenraum) mitschwingt, zwischen den Sätzen: Da war ich hin!: Von dem herrlich ausgewogenen Prosatakt!
Sowieso, Schmidts Werk: ein Hin- und Her – auch der Lebensstimmungen – oder eben Auf und Ab der ›GegenSätze‹: Ganze Geistestreppen besteigt er so, selbstgebaute oder vorgeplante, Hauptsache: hoch hinaus. Und von oben trotzdem noch das kleine Leben mitstenographiert, tief unten.
Eben ›auf und ab‹: Im eigenen kleinen Leben wollte der Lagerbuchhalter der deutschen Literatur in Gedankenwolkenwelten alle überschweben können – und da oben gibt sich das Barometer nicht zu störrisch. Dazu: Wer braucht schon New York, wenn er bei Poe nachlesen kann, wie das früher war: Dieses Bild wollte er sich nicht von der Realität überblenden lassen.
Und tief innen nicht die Angst nähren, dass die ganze Kultur nächstens vor die Säue geht. So liegt in seinem Sprachgefühl auch der Mut und die Wut gegen eine wie auch immer geartete Obrigkeit verborgen oder besser gesagt: eigentlich offen zutage. Die unerhörte Geschmeidigkeit und Vokalharmonie seiner Sprache als Wundmale …

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