Freitag, 21. Dezember 2012

Sowieso, diese Vermehrungsbürger und Naturverräter: Zurück zur Natur wollen sie? – Ja, aber das heißt bei ihnen: mit Vollgas! Sie warten an den Ampelanlagen des Lebens auf Grün, doch machen nichts dafür. Da wird noch lange Beton sein und Asphalt.
Und dann dieser Hass, der in dir hochkriecht. Aber die Nächstenliebe gibt es in den Warteschlangen nie: Visagenklumpen allerorts, keiner lacht, jeder glotzt, Fresse an Fresse, Andrang, Nachschub, Schwemmgut, Pressware, »wir danken für zahl-reiches erscheinen«. Alles voller Reiseziele und Belange, vermutlich in jedem Einzelfall total unwichtig und egal. Hintermanns Mundgeruch im Nacken, hat Vordermanns Nacken mir nichts zu sagen. Und erst diese Gesichtsscheiben: restlos hirnlos. Aber jede eine flache Welt für sich.
Wenn du jeweils wieder mal rausgegangen bist, hast du dich an die eigene Regel zu halten versucht: Sieh‘ nie länger hin als extrem kurz! Eine Sekunde pro Gesicht, mehr hältst du nicht aus.
Aber auch dann: Manche Gesichter saufen binnen dieser Sekunde zu Visagen ab.
Sitzmumien fahren der Intensivstation, Nachwuchszombies ihrer Filialeneröffnung entgegen.
Wieso überhaupt bei gleichgeschalteter, leergefegter Standardmimik diese biologisch unverständlichen, garantiert unnötigen Minimalabweichungen in der Formatierungsoption? Wackelkontakt am Fließband? Einer sieht nicht wie der andere aus, aber alle sind sich allzu gleich.
Denn auch die hinterletzte Fresse will sich noch in die Zukunft katapultiert sehen, dieses kaum hochgezüchtete Säugetier, und hat’s geschafft, seit Jahrmillionen immer wieder voll dabei zu sein, mit kaum variierter Bulligkeit durch Äonen zu stiefeln, zu transpirieren, zu kopulieren, schwabbelfroh und winterfest.
Ja, Herr Müller und Frau Meier allerorts. So erfolgreich du auch wegzugucken versuchst: In den Autos sitzt Frau Meier reihenweise gestaffelt, mit vollen Migros-Tüten. Gesichtslaune: Camembert. Alter: jederzeit fortgeschritten. Oft lacht sie nicht, Frau Meier, und wenn, so hilft das auch nicht viel. Gesamteindruck: irreparabel. In ihrer höchsten Erscheinungsform mag sie sogar Mozart hören, im Wunschkonzert. Oder Häppchen beim Kultur-Sepp.
Und meist sitzt da noch ein Sohn im Fonds. Der hilft, drei Camembert-hoch, die Windelachterpacks zu stapeln, und dann karren sie das alles, sich selbst ja immer mit, zum knallweißen Haus mit Floristikbetonkübeln, Doppelgarage und Hundezwinger.
Das alles als apokalyptisch zu bezeichnen geht eigentlich nicht mal. Apokalyptisch wäre eine prophetische Fiktion. Das alles aber ist traurige Heutheit.

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